Der 3. Sonntag im Advent ist besonders hervorgehoben durch den mehrmaligen Aufruf zur Freude. „Freuet euch!“, heißt es gleich am Eingang der Liturgie. Aber Freude kann man nicht befehlen und nicht machen, sie ist immer Geschenk.
Umso seltsamer mutet es an, dass an diesem Tag der Freude die Rede von Johannes dem Täufer ist, der im dunkelsten Kerker sitzt, am Ende seines Lebens und die Frage aller Fragen stellt: Ist das, wofür ich mein Leben eingesetzt habe, es wert gewesen? Er lässt an Jesus die Frage stellen: „Bist du es, der kommen soll oder sollen wir auf einen anderen warten?“. Mit anderen Worten heißt das doch, dass sich beim Vorläufer, der Jesus von Kindesbeinen an kennt, Zweifel und Unsicherheit breit gemacht haben.
Es ist unsere Frage, die der Täufer hier stellt: Ist es richtig, was ich bisher von dir, Jesus, gedacht habe, oder bist du ein anderer?
Es sind ein wenig harte Worte, die wir uns gerne ersparen würden, und es ist eine wenig zimperliche Art und Weise, die uns hier zugemutet wird! Johannes der Täufer tritt hier auf wie ein guter Arzt, der die Wahrheit einer schweren Krankheit nicht verschweigt. Gleichzeitig wird seine Gerichtsrede zur Hoffnungsbotschaft, weil nicht nur das Böse in der Welt ausgesondert, sondern auch das Böse in uns selbst von uns abgetrennt wird, wenn wir umkehren. Er benennt die Symptome, aber die Heilung schenkt der, der nach ihm kommt und der mit Feuer und mit Heiligem Geist tauft.
Man könnte den Advent als die Jahresexerzitien der Christen bezeichnen. Exerzitien sind eine Einübungszeit, Einübung in die Schärfung der Sinne, die, trotz der Überflutung durch verfrühte Weihnachtsdüfte und Weihnachtsklänge, ausgerichtet sind, um Ausschau halten zu lernen, um in Erwartung zu sein, damit Er eintreten und ankommen kann, mitten in unserer alltäglichen Bedrängnis, inmitten von allem, „was drängt“.
Wenn wir es in diesen Zeiten des Lebens nicht einüben, in diesem „kleinen Advent“ nicht lernen, auf den Herrn hin Ausschau zu halten, wie wollen wir es dann können, wenn die großen Bedrängnisse kommen, von denen auch im Evangelium vom heutigen ersten Advent die Rede ist.
Was hat diesen Mann, der neben Jesus gekreuzigt war, bewogen, dieses Wort zu sagen: „Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst“ oder anders übersetzt „wenn du in deiner Macht als König kommst“. Es muss sich etwas Gewaltiges ereignet haben im Leben dieses Mannes, dem nichts mehr geblieben ist, der – genau wie Jesus selbst, die Hände und Arme ausgebreitet – gekreuzigt wurde und dem nichts mehr geblieben ist, außer die Einsicht im letzten Moment seines Lebens, dass all das, was er bisher in seinem Leben getan hat, nämlich zu rauben und zu raffen, nicht das Entscheidende war. Und nun sagt er: ich habe den Wunsch, Jesus, hinter dir in dein Reich hinein zu gehen, deinen Spuren zu folgen, hinein ins „Reich der Wahrheit und der Gnade, der Heiligkeit, der Gerechtigkeit und des Friedens“, das auch bei uns in dem Maße Wirklichkeit werden kann, wie wir unsere kleine Welt Ihm öffnen.
Die Antwort Jesu an die Sadduzäer lässt aufleuchten, was für ihn Auferstehung bedeutet. Es ist die lebendige Beziehung zum lebendigen Gott, der „kein Gott der Toten“ ist, wie es das Evangelium betont, sondern ein Gott der Lebenden. Weil er jeden Menschen in die lebendige Beziehung zu sich ruft und Er selbst schon in die bleibende Beziehung zu uns getreten ist, so ist unsere Beziehung zu ihm lebendig, wenn sie auf Gegenseitigkeit beruht und wir in dieser Beziehung leben. Auferstandensein heißt, in der lebendigen Beziehung zu Gott zu stehen – auch jetzt in diesem Leben schon und in dieser Beziehung zu bleiben.
P. Markus Johannes Straubhaar legt den Text des Evangeliums auf und macht deutlich, dass Auferstehung und ewiges Leben keine Kategorien des Jenseits sind, sondern hier in diesem Leben beginnen. (Predigt vom So., 6. November 2016)