Manche stellen die Frage, ob in der Kirche einseitig oder zu oft von der menschlichen Schuld die Rede ist. Das Evangelium vom Pharisäer und vom Zöllner zeigt, auf welche Haltung Jesus selbst hinweist: wo ein Mensch seine Schuld bekennt und sich eingesteht, kann er einen neuen Weg beginnen, einen Weg neuer Kraft und in ein neues Leben hinein. P. Markus Johannes weist in seiner Predigt darauf hin, dass der Ort, wo der Mensch ohne Maske und ohne Beschönigung er selbst sein kann, bei Gott selbst ist. Jesus sagt am Ende des Gleichnisses, dass der Zöllner gerechtfertigt, oder anders übersetzt „als Freigesprochener“ neu aufbrechen konnte.
							 
	
			
												
			
		 
		
	
			
			
			
				
				Die Heilung der Aussätzigen ist förmlich eine Erweckung. Rein äußerlich waren diese Ausgestoßenen schon Todgeweihte, hinausgeworfen aus der Gemeinschaft. Die Evangelisten gestalten diese Erweckung in der Komposition des Textes ähnlich wie die Totenerweckung des Jüngling von Naim. Was sich hier ereignet, dort im Außerhalb vor der Stadt, kann exemplarisch gelesen werden als Heilsereignis der Heilsgeschichte. Jesus geht ins Außerhalb, er geht hinaus aus der Herrlichkeit des Vaters, hin zu dieser Unheilsgemeinschaft, zu der sich diese Aussätzigen zusammengeschlossen haben, wie der gute Hirt hingeht zum Verlorenen, und er erweckt sie zu einem neuen Leben, weit über die äußere Heilung hinaus.
							 
	
			
												
			
		 
		
	
			
			
			
				
				Wenn wir von unseren zwischenmenschlichen Beziehungen ausgehen, wo ein Wort eine Antwort braucht, eine gute Tat auch ein Danke erwartet und ein freundlicher Gruß erwidert sein möchte, dann sind wir fast ein wenig enttäuscht von den Worten Jesu, wo er mit einem Gleichnis seinen Jüngern sagt, dass es vor Gott nichts zu erwarten gibt und der Knecht am Ende einsehen muss, dass er nur „seine Schuldigkeit“ getan hat. 
Aber wir müssen das Gleichnis neu verstehen lernen, um nicht zu meinen, Gott sei ein schlechter Arbeitgeber, dem es nie genug ist, was wir für ihn tun und der am liebsten ruhelosen Einsatz und unaufhörliches Dienen von uns verlangt. Es gibt unzählige Begegnungen, in denen Jesus selbst zeigt, dass die geringste Geste, die wirklich in Liebe spricht, völlig genügt, weil Gottes Liebe immer schon voraus ist. Es genügt unseren Platz einzunehmen, das zu tun, was wir vermögen und in grenzenloser Verfügbarkeit bereit zu sein, die Stimme des Heiligen Geistes zu vernehmen, der in unser Leben hineinwirken will – in jedem Augenblick unseres Lebens. 
Gott möchte uns aus dem Arbeitsverhältnis, das wir oft zu ihm haben, herausholen und in ein Liebesverhältnis hineinführen.
							 
	
			
												
			
		 
		
	
			
			
			
				
				Es ist ein feines Netz, in das hinein diese alte jüdische Erzählung vom armen Lazarus im Neuen Testament verwoben ist. Heinrich Späemann bringt es auf den kurzen Nenner: „Christus ist Lazarus!“ Er „der reich war, wurde um unseretwillen arm.“, denn er, der in der Fülle des Vaters war, in der Fülle des Lebens, hat nichts davon für sich behalten, sondern seine Fülle „ausgeleert“, wie man Paulus wörtlich übersetzen könnte, und sich entäußert, um uns gleich zu werden. Er liegt vor der Tür eines jeden Menschen und wartet darauf, dass man für ihn das Herz öffnet, er wartet als Armer darauf, dass das Herz sich für die Armen unserer Welt öffnet und jeder von uns die Brücke baut, die zur Brücke über den Abgrund hinweg werden kann, von der das Gleichnis am Ende spricht. 
Nicht nur Chistus selbst ist ein Schlüssel zum Gleichnis, auch der verlorene Sohn, den danach hungert, das zu essen, was vom Tisch herabfällt, aber bei seinem Bruder keine Bereitschaft findet, aufgenommen zu werden. Dabei wäre der Arme, der alles braucht, die Chance für den Reichen und der Reiche, der alles hat, die Chance für den Armen, um zur Bereitschaft zu finden, sich zu öffnen – um so im Haus des Vaters Aufnahme zu finden.
							 
	
			
												
			
		 
		
	
			
			
			
				
				Im Gleichnis vom untauglichen Verwalter, eines der „Skandalgleichnisse Jesu, wird davon gesprochen, wie einer, der Geld veruntreut hat, einen letzten Versuch unternimmt, „seine Haut zu retten“. Er weiß, wie wichtig es jetzt ist, da er am Ende ist, Freunde zu haben, die ihn tragen und halten.