Im Gespräch mit Nikodemus erinnert Jesus an die Schlange in der Wüste, die durch Mose erhöht wurde, um beim Aufblick zu ihr das Volk Israel vor den lebensvernichtenden Giftschlangen der Wüste zu retten, und Jesus fügt hinzu: „ […] so muss der Menschensohn erhöht werden!“. Es ist eine Andeutung des Todes am Kreuz und es ist auffällig wie Johannes hier, anders als die drei anderen Evangelisten, die Ankündigung des Leidens mit der Erhöhung verbindet. Er hebt damit hervor, dass das Kreuz das Heilszeichen ist, dem alle Kraft und alle Liebe zur Rettung, Vergebung und Heilung entspringt, das Zeichen, in dem das Heil an uns sich vollzieht, auch im Handeln der Kirche in den Sakramenten. Für uns darf die Fastenzeit eine Zeit sein, dieses Zeichen des Heiles neu zu entdecken.
Jesus heilt den ganzen Menschen. Am letzten Sonntag haben wir von der Heilung eines Mannes gehört und heute hören wir von der Heilung einer Frau. Jesus heilt Mann und Frau, er heilt an Leib und Seele und er heilt an verschiedenen Orten, zuerst in der Synagoge, dann im Haus des Simon Petrus in Kafarnaum. Und dieses Haus wird, als es Abend geworden war, zum Sammelplatz für alle Gebrochenen, für alle, die an etwas leiden, das sie niederdrückt und ihr Leben hemmt. Dieser Platz wird zum Hoffnungszeichen für Befreiung und Heilung, die auch heute durch die Kirche geschenkt werden soll, so wie einer der Initiatoren im „Manifest Mission“ seinen Traum von Kirche formuliert hat: „Ich träume davon, dass die Kirche der Ort ist, wo alle die, die in der Welt beschämt werden, die ihr Gesicht verloren haben, Zuflucht finden.“
Der unreine Geist, der heute im Evangelium sich gegen Jesus zur Wehr setzt, versucht mit Jesus zu verhandeln, um das Feld nicht räumen zu müssen, „Was ist mein Anteil – was ist Dein Anteil? Was ist Dein und was mein?“ – Der dämonische Geist beansprucht eine Daseinsberechtigung im Leben des Menschen.
In allen Bereichen aber, die wir Gott vorenthalten, macht sich das Böse breit und hält den Raum besetzt. Wir können dem Bösen nur den Raum entziehen und Gott alle Bereiche des Lebens öffnen, damit Sein Reich Raum gewinnt und in unserem Leben zum Durchbruch kommt.
Wenn Markus über die Berufung der ersten Jünger schreibt, dann betont er, dass sie es sind, die auf Jesus zugehen, um ihn zu fragen. Bei Markus heute ist es Jesus, der zu denen hingeht, die er berufen will und sie von den Booten wegholt. Sie lassen daraufhin alles zurück und folgen Jesus nach. Eine Berufung in die Nachfolge hat immer beides: die eigene Wachsamkeit und Bereitschaft, selbst aufzubrechen, aber es gibt zugleich auch die Initiative des Herrn herauszurufen, das Gewohnte des Berufes hinter sich zu lassen. Die Jünger lernen, was ihre Berufung bedeutet, wenn sie nicht mehr Fischer sind, sondern Menschenfischer werden und sie lernen, dass sie das, was sie in ihrem Beruf gelernt haben, gut gebrauchen können, wenn sie zu den Menschen gehen. Sie wissen, dass es eine Vorbereitung braucht, so wie zuvor das Richten der Netze und das Herrichten der Boote. Und sie haben gelernt, dass der Fang ausbleiben kann, wenn sie ihre Tätigkeit so weiterführen, wie sie ihren Beruf ausgeübt haben, wenn sie nicht Seinem Wirken den Vorrang geben.
Wer Jesus begegnen will, muss irgendwie in seine Nähe kommen und oft geschieht es, dass andere Menschen uns in seine Nähe bringen und zu ihm mitnehmen. Auch bei den ersten Begegnungen mit den ersten Jüngern ist das zu sehen. Ein Jünger, der Jesus schon gesehen hat, nimmt den anderen mit, Andreas den Simon , Philippus den Ntahnael usw.. Und als sie bei Jesus ankommen, gehen sie verhalten hinter ihm her, dann fragen sie ihn: „Meister, wo wohnst Du? Wo bleibst Du?“ Und er lädt sie ein: „Kommt und seht!“ Die endgültige Antwort auf die Frage der Jünger entdecken wir in den parallel gestalteten Texten des Johannes, die vom Ostermorgen erzählen. Dort gibt Jesus der suchenden Maria Magdalena zur Antwort: „Ich gehe zum Vater – zu meinem Vater und zu eurem Vater.“ Das ist die Einladung, in die hinein wir auch andere mitnehmen können: uns mit und in Jesus dem Vater zuzuwenden und in Ihm zu bleiben.