Gott macht alle Verheißungen wahr…
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„Herr, zeig uns den Vater!“, so hat Philippus Jesus gebeten.
Und nirgends als im Leiden und im Kreuz wird so deutlich, wer der Vater ist. „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab.“, so deutet Paulus dieses Geschehen, für das es kein aussprechbares Wort gibt. Aber der Sohn ist kein Opfer, das nur erleidet, was andere ihm zufügen, der Rohheit und Gewalt ausgeliefert, wie sie schlimmer nicht sein können. Die Passion nach Johannes, die wir heute gehört haben, zeigt Jesus, wie er diesem Leiden entgegentritt und es durchträgt, in Freiheit und Souveränität, wie er der Kohorte von 200 bewaffneten entgegengeht, wie er vor Kaiphas dem Diener die Wahrheitsfrage zumutet, obwohl er selbst der Befragte sein müsste und wie er vor Pilatus dessen Macht relativiert. Jesus trägt, im wahrsten Sinne des Wortes, alles, was ihm widerfährt und trägt es für uns. Es gibt keine größere Würde, als wenn einer sein Leben für einen anderen verschenkt.
Das Geschehen kurz vor dem Tod Jesu ist voller Gegensätze. Während die einen die Leute auffordern Jesus auszuliefern und hinterlistige Pläne schmieden, ihn gefangen zu nehmen, findet zeitgleich in einem Haus, vermutlich unter Freunden, ein Mahl statt, zu dem man Jesus einlädt. Und dort salbt eine Frau Jesus und trocknet seine Füße mit ihrem Haar. Sie zerbricht ein Alabastergefäß und lässt kostbarstes Nardenöl als Gabe ihrer Liebe über Jesus fließen. Der Duft durchströmt das ganze Haus. In einem anderen Haus, schon am Vorabend der Verurteilung kniet Jesus vor seinen Jüngern nieder und wäscht ihnen die Füße mit der Geste eines Sklaven. Währenddessen sinnt Judas, der anwesend ist, darüber nach, wo und wann er Jesus seinen Gegnern ausliefern wird. Und während er im Abendmahlsaal an seine Jünger seinen Leib und sein Blut verschenkt, wird das Kreuz sozusagen schon bereit gelegt, an dem sein Leib gebrochen und sein Blut verströmt wird.
„Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht auf die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. (…) Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen.
Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen.“ (Evangelium nach Johannes vom 5.Sonntag der Fastenzeit)
In diese wenigen Worte ist das ganze Leiden Jesu hineinverdichtet, die Not und die Erschütterung am Ölberg, das Nicht-Erkanntwerden von den Eigenen, aber auch das physische Leiden bis in die letzte Faser seines Leibes hinein. Diese wenigen Verse enthalten aber auch das ganze Vater-Unser, das Jesus nicht nur mit den Lippen betet. Das ganze Leben und das ganze Sterben ist wie ein dargelegtes Vater-Unser. Das Ja zum Vater muss in jedem Augenblick des Leidens aktualisiert werden, damit aus dem Weizenkorn, das stirbt, neues Leben entsteht. Und wenn wir so ein Weizenkorn werden, kann der Hunger der Welt durch unsere liebende Existenz gestillt werden.
Im Gespräch mit Nikodemus erinnert Jesus an die Schlange in der Wüste, die durch Mose erhöht wurde, um beim Aufblick zu ihr das Volk Israel vor den lebensvernichtenden Giftschlangen der Wüste zu retten, und Jesus fügt hinzu: „ […] so muss der Menschensohn erhöht werden!“. Es ist eine Andeutung des Todes am Kreuz und es ist auffällig wie Johannes hier, anders als die drei anderen Evangelisten, die Ankündigung des Leidens mit der Erhöhung verbindet. Er hebt damit hervor, dass das Kreuz das Heilszeichen ist, dem alle Kraft und alle Liebe zur Rettung, Vergebung und Heilung entspringt, das Zeichen, in dem das Heil an uns sich vollzieht, auch im Handeln der Kirche in den Sakramenten. Für uns darf die Fastenzeit eine Zeit sein, dieses Zeichen des Heiles neu zu entdecken.